Mittwoch, 19. November 2014

Tschechiens atomarer Schrottmeiler

Atomkraft? Nein Danke!"Dukovany 1" - ein Atommeiler sowjetischer Bauart, der gravierende Sicherheitsmängel aufweist - ist mit 30 Jahren Betriebszeit das älteste Atomkraftwerk Tschechiens. Ende 2015 hätte der Reaktor eigentlich außer Betrieb genommen werden sollen ...

Seit dem  ersten bekannt gewordenen Super-GAU in der Geschichte des Atomzeitalters (Atomkraftanlage "Tschernobyl", April 1986, Ukraine) gibt es keinerlei Zweifel mehr daran, dass die Folgen radioaktiver Unfälle grenzüberschreitend auch andere, weit vom Unglücksort entfernt  gelegene Länder in Mitleidenschaft ziehen.

Der zweite Super-GAU in der Geschichte des Atomzeitalters (Japan, März 2011, Atomkraftanlage "Fukushima-I") hätte daraufhin eigentlich der ultimative Weckruf an alle Nationen sein müssen, die wider besseres Wissen weiterhin an der Atomverstromung festhalten. Die Kontaminationen infolge des Super-GAUs an der Ostküste der japanischen Insel Honshū betreffen direkt die Präfektur Fukushima, bedrohen die Lebensgrundlagen und die Gesundheit der Menschen in weiteren Gebieten auf Honshū, sowie den Pazifischen Ozean - und damit die Küsten aller Inseln und Anrainerstaaten. Eine anschauliche Computersimulation zur Ausbreitung der Radioaktivität mit den Strömungen im Nordpazifik gibt es auf der Internetseite des Meersforschungsinstituts "Geomar" (Video im QickTime-Format).

Die Verantwortlichen der meisten "Atomnationen" haben den Weckruf von Fukushima leider überhört oder erfolgreich ignoriert und verdrängt. Das gilt auch für unseren östlichen Nachbarn Tschechien:
  • Dort gibt es Pläne, denenzufolge die Betriebsgenehmigung für "Dukovany 1" - ungeachtet der alters- und bauartbedingten Sicherheitsrisiken - um weitere 20 bis 30 Jahre verlängert werden soll!

Bei den vier im Zeitraum 1985 bis 1987 in Betrieb genommen Atomreaktoren der in Südmähren gelegenen Atomkraftanlage "Dukovany" handelt es sich um Druckwasserreaktoren russischer Bauart vom Typ WWER-440/213. Es gibt kein Containment für die Reaktoren, so dass die Anlage im Falle eines Unfalls vor Sekundärschäden nicht geschützt wäre. Aufgrund dieses Mangels würde bei einem GAU oder Super-GAU austretende Radioaktivität ungehindert in die Umwelt gelangen. Außerdem gibt es infolge des nicht vorhandenen Containments keinerlei Schutz vor äußeren Einwirkungen (Flugzeugabsturz, Terroranschlag, ...).

Darüberhinaus sind sicherheitsrelevante, für den Betrieb von jeweils zwei Reaktoren notwendige Anlagen zusammengefasst. Eine Beschädigung dieser Anlagen würde somit immer auch den Betrieb und die Sicherheit des jeweils zweiten Reaktors gefährden.

Aktuell wurden zu Beginn dieses Monats zwei Reaktoren aufgrund einer "undichter Rohrleitung" im Kühlsystem abgeschaltet. Angaben der österreichischen Umweltorganisation "Global 2000" zufolge war der Vorfall jedoch gravierender als zugegeben worden war. Demnach war die Kühlwasserleitung zu den Kühltürmen der Reaktoren 3 und 4 auf einer Länge von 1,5 Metern bei Bautätigkeiten zerstört worden. Große Mengen an Kühlwasser seien dabei verloren gegangen, so dass die benötigte Kühlkapazität nicht mehr gegeben war.

Recherchen von "Global 2000" haben ergeben, dass bereits eine dicke Schneedecke auf dem Dach der Turbinenhalle zum Ausfall der Sicherheitssysteme führen könnte - bis hin zum Versagen der Kühlung. Wie der Super-GAU von Fukushima gezeigt hat, wäre es dann bis zum Beginn der Kernschmelze nicht mehr lange hin.

Wahrscheinlichkeit für eine Kontamination Europas mit mehr als 185 kBq Cäsium-137 (links), bzw. mehr als 1480kBq Cäsium-137 (rechts) pro Quadratmeter durch einen schweren Unfall im AKW "Dukovany 1" (Grafik, Quelle: Global 2000 - Hintergrundpapier, © Projekt flexRISK, Berechnung vom 31.10.2014) - zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Dukovany liegt nur etwa 175 Kilometer von der deutschen und gerade einmal 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt, bei einem Super-GAU wären beide Länder von der radioaktiven Kontaminierung betroffen.

Seit Juni 2014 muss nicht nur für den Neubau, sondern auch für die Verlängerung der Betriebsgenehmigungen für alte Atommeiler eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden. Gemeinsam mit "Global 2000" fordert das "Umweltinstitut München" die Regierungen Deutschlands und Österreichs auf, dafür zu sorgen, dass die Bürger beider Länder auch tatsächlich die Gelegenheit bekommen, sich an möglichen Einwänden gegen das Ergebnis der UVP zu beteiligen.


Online Petitionen

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat das "Umweltinstitut München" eine Online Aktion initiiert, mit der Frau Hendricks (SPD, Bundesumweltministerin) aufgefordert wird, die vorgeschriebene UVP bei der Regierung Tschechiens einzufordern und sich für die Stilllegung der Schrottmeiler des Atomkraftanlage "Dukovany" einzusetzen!
  • Die Aufforderung an Frau Hendricks kann auf der Internetseite des "Umweltinstituts München" online unterzeichnet werden.

Ein entsprechendes Online-Formular für Österreich stellt die Organisation "Global 2000" auf ihrer Internetseite zur Verfügung.
  • Die Aufforderung an Herrn Rupprechter (österreichischen Umweltminister) kann auf der Internetseite des "Umweltinstituts München" online unterzeichnet werden.


Zum Weiterlesen




(Quellen: Umweltinstitut München, Global 2000, Land Oberösterreich, Österreichischer Zivilschutz Verband)

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