Samstag, 28. Juni 2014

Ein Attentat mit weitreichenden Folgen

FriedenstaubeHeute vor Einhundert Jahren fielen in Sarajevo zwei Schüsse. Wie sich nur wenig später herausstellen sollte, waren sie - und das Versagen der europäischen Diplomatie - der Auslöser für den ersten Weltkrieg, dem radikale gesellschaftliche Umbrüche, sowie der Niedergang der Aristokratie und der Zusammenbruch großer Monarchien in den Ländern Europas folgten.

Geschossen hatte Gavrilo Princip. Die Kugeln aus seiner Waffe töteten den österreichisch-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie. Mit dem Attentat verfolgte die Mlada-Bosna-Bewegung, welcher Gavrilo Princip angehörte, das Ziel, das vom Kaiserreich Östereich-Ungarn annektierte Bosnien zu befreien und einen jugoslawischen Staat zu schaffen.

Der Ministerrat Östereich-Ungarns stellte Serbien ein unannehmbares, mit der Androhung militärischer Maßnahmen unterstrichenes Ultimatum. Kaiser Wilhelm der Zweite stellte Östereich-Ungarn für den Fall, dass Serbien sich nicht auf das Ultimatum einlassen würde, die militärische Unterstützung des Deutschen Reichs in Aussicht.

Nur wenige Tage später, nachdem das Ultimatum Östereich-Ungarns an Serbien verstrichen war, überschlugen sich die Ereignisse, die Jonas Jonasson in seinem Roman "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" in komprimierter Form so wiedergibt (Zitat):
"Österreich erklärte Serbien den Krieg. Deutschland erklärte Russland den Krieg. Dann nahm Deutschland innerhalb eines Nachmittags Luxemburg ein, um anschließend Frankreich den Krieg zu erklären. Daraufhin erklärte Großbritanien Deutschland den Krieg, und die Deutschen reagierten, indem sie Belgien den Krieg erklärten. Da erklärte Östereich Russland den Krieg und Serbien Deutschland.

So ging es seitdem ununterbrochen. Die Japaner mischten sich auch noch ein und die Amerikaner ebenfalls. Die Briten nahmen aus irgendeinem Grund Bagdad ein und dann Jerusalem. Die Griechen und die Bulgaren begannen sich ebenfalls zu bekriegen, und dann musste der russische Zar abdanken, während die Araber Damaskus eroberten ..."

Umgangssprachlich heißt es oft, der Krieg sei ausgebrochen. Im Falle des Ersten Weltkriegs erweckt das dann den Anschein, als habe das Schicksal infolge des von Gavrilo Princip verübten Attentats zugeschlagen und niemand hätte etwas daran ändern können. Kriege brechen jedoch nicht einfach so aus. Kriege werden werden begonnen, weil die handelnden Machthaber oder Regierungen sich etwas davon versprechen. Das trifft auch auf den Ersten Weltkrieg zu. Der Historiker Christopher Clark bringt das folgendermaßen auf den Punkt (Deutsche Welle vom 14.11.2013, Zitat): "Die Großmächte hatten das Risiko und den eventuellen Gewinn durchkalkuliert - und am Ende haben sich alle für einen Krieg entschieden."


Aus heutiger Sicht müsste es daher wohl besser heißen, die Regierung Östereich-Ungarns hat das Attentat auf das Thronfolgerpaar zum Anlass genommen, um ihren Machtbereich auf Serbien ausdehnen zu können. Wohl nicht zuletzt aufgrund der seitens des deutschen Kaisers zugesagten militärischen Unterstützung, hat sie dann auch nicht lange gezögert, ihre Drohung gegenüber Serbien in die Tat umzusetzen. Gegenseitige Verpflichtungen, sowie eigene Interessen und imperiale Machtansprüche, führten in der Folge zum ersten verheerenden, weltumspannenden Krieg des letzten Jahrhunderts, der - im Nachhinein betrachtet - nur 25 Jahre später auch einer der Gründe für den Zweiten Weltkrieg war.

Man hofft ja immer, dass die Menschen aus den Fehlern ihrer Vorfahren gelernt haben. Neben den anerkennenswerten diplomatischen Bemühungen gibt es jedoch auch im eigenen Land immer noch diejenigen, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Rest der Welt mit deutschen Soldaten und deutschen Waffen beglücken wollen. Ähnliches gilt dann in unterschiedlichem Maße auch für die alten und die neuen, aufstrebenden "Großmächte" und ihre jeweiligen Militärbündnisse. So könnten durchaus auch heute noch regionale Konflikte, im Verbund mit "gegenseitigen Verpflichtungen" und der Aussicht auf die Sicherung des Zugangs zu knappen Bodenschätzen, einen dritten Weltkrieg auslösen.


Nach den Erfahrungen der letzten 25 Jahre scheinen die Kriegstreiber weltweit wieder mehr an Einfluss zu gewinnen. Ihre militärische Abenteuerlust hat jedenfalls schon viele diplomatische Bemühungen zu Nichte gemacht und Kriege stärken die Rüstungsindustrie. Wenn es bei den heutigen Kriegen auch nicht mehr überwiegend um Gebietsansprüche geht, so sind immer noch Machtinteressen die Triebkraft militärischer Überlegungen ... - nur dass heute der Zugang zu den letzten Resourcen unseres Planeten - und damit wirtschaftliche Überlegungen - im Vordergrund stehen.

  • Da bleibt nur zu hoffen, dass sich ein fairer, weltweiter Handel und die Diplomatie letztlich als stärker erweisen, als diejenigen, die jedes Mal nach der "Übernahme größerer Verantwortung" rufen, wenn sie die Durchsetzung ihrer politischen und wirtschaftlichen Interessen mit militärischen Mitteln meinen.


(Quellen: Deutsche Welle vom 03.05.2014, Deutsche Welle vom 31.01.2014, Deutsche Welle vom 14.11.2013, Der Standard vom 26.07.2013, Wikipedia, Buchreport )

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