Donnerstag, 19. Dezember 2013

Soja, Glyphosat und missgebildete Kinder

Die Gewinne des US-Amerikanischen Konzerns "Monsanto", des weltgrößten Herstellers genetisch veränderten Saatguts, steigen vor allem aufgrund der Expansion seiner Geschäfte in Lateinamerika. Darüber berichtete der Deutschlandfunk am 28.03.2013 in einem Online-Beitrag.

In Argentinien und den benachbarten Ländern rege sich jedoch zunehmend Protest gegen den Anbau der gentechnisch veränderten Sojapflanzen Monsantos. Siebzig Prozent der Menschen in Argentinien würden die Gen-Technik in der Landwirtschaft ablehnen.

So auch in einem Vorort der Provinzstadt Córdoba, wo der Konzern mit dem Bau einer Fabrik zur Herstellung von Saatgut für gentechnisch verändertem Mais begonnen hat. Während die Regierung das Projekt unterstützt, setzen sich Umweltschützer und die meisten Einwohner jedoch mit Nachdruck dagegen zur Wehr. Ende Februar stoppte ein Gericht den Neubau - vorerst.

In einer der vier Anlagen, die Monsanto bereits in Argentinien betreibt, wird das Allround-Herbizid Glyphosat hergestellt, das ohne Ausnahme alle Pflanzen tötet - bis auf Monsanto's gegen Glyphosat resistente, weil gentechnisch veränderte Pflanzen.
 
Im Agrarland Argentinien werden fast nur noch gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Die argentinische Regierung hat sich für dieses Agrar-Modell entschieden. Die Folge ist die Intensivierung der Landwirtschaft und eine Konzentration der Anbauflächen in den Händen weniger. Aufgrund der hohen Gewinne, die mit den Soja-Monokulturen erwirtschaftet werden, sind die Preise für Agrarland so sehr gestiegen, dass kleine und mittlere Bauern verdrängt werden. Weil mit dem Anbau von Soja immer mehr Geld verdient wird, nimmt darüberhinaus die Rodung der Wälder immer größere Ausmaße an - obwohl dem eigentlich ein Gesetzes zum Schutz der Wälder entgegensteht.

Monsanto arbeitet zielstrebig daran, mithilfe seines gentechnisch veränderten Saatguts das weltweite Monopol auf Nahrungsmittel zu bekommen. Der Konzern unterhält fruchtbare Verbindungen zur Politik und der Wissenschaft. In den USA wurde Angaben des demokratischen Netzwerks AVAAZ zufolge sogar ein Gesetz verabschiedet, das es Richtern verbietet, eine Zurücknahme von Monsantos Produkten anzuordnen, selbst wenn dies im Sinne der öffentlichen Sicherheit erfolgt!

Immer wieder versucht der Konzern, genmanipuliertes Saatgut patentieren zu lassen. Bauern werden damit in die Abhängigkeit von Monsanto getrieben. Sie müssen ihr Saatgut jedes Jahr neu kaufen. Wenn sie es selbst vermehren würden, würden sie eine Patentverletzung begehen.

Die jüngsten Proteste richten sich daher auch nicht nur gegen die geplante Fabrik, sondern gegen die Gentechnik in der argentinischen Landwirtschaft insgesamt.


Soja für den Weltmarkt
- missgebildete Kinder für die Argentinier


Die Nachfrage nach Soja in Argentinien selbst ist eher gering. Gesundheiliche Bedenken gibt es daher aus Sicht der Verbraucher kaum. China und Europa sind die Hauptabnehmer für die zu Tierfutter und Biotreibstoff verarbeitete Soja-Ernte.

Immer mehr Menschen sind jedoch aufgrund der großen Mengen Glyphosat alarmiert, das über den Monokulturen versprüht wird. Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts begann der Glyphosat-Einsatz mit einer Million Liter pro Jahr - heute sind es bereits 200 Millionen Liter.

Mittlerweile haben die Bauern auch mit massiven Resistenzen zu kämpfen. Schädlinge und Unkräuter breiten sich wieder verstärkt aus. Dagegen sollen dann wirkungsvollere Chemikalien ins Feld geführt werden, die Monsantos gentechnisch angepassten Nutzpflanzen nichts anhaben können. Auch diese chemische Aufrüstung auf dem Acker sorgt wieder für Monsantos Profite.

In einem Online-Artikel vom 27.05.2013 zitiert die Deutsche Welle Frau Töwe (Greenpeace) dazu mit den Worten (Zitat):  "Es hat sich gezeigt, dass der Pestizid-Einsatz in den USA in den vergangenen Jahren massiv gestiegen ist, auch in Argentinien und Brasilien, wo Gen-Soja und Gen-Mais angepflanzt werden." Deshalb würden neue gentechnisch veränderte Pflanzen entwickelt, die noch stärkere Gifte aushalten. Dieser Kreislauf sei pervers. Frau Töwe: "Solche Pflanzen müssten wie Medikamente getestet werden, mit Tierversuchen. Wir haben genügend andere Kulturpflanzen, bei denen es solcher Tests nicht bedarf."

Dem Bericht des Deutschlandfunks zufolge hatte Herr Carrasco, Arzt an der Universität Buenos Aires einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Missbildungen bei Embryonen erkannt. Er bewies, dass Glyphosat bei Wirbeltieren Geburtsschäden verursachen kann. In einem Online-Artikel vom 11.11.2013 zitiert die Deutsche Welle Herrn Carrasco mit den Worten (Zitat): "In den meisten Fällen stirbt der Fötus aufgrund der Missbildungen bereits vor der Geburt. Die Einnahme des Pflanzenschutzmittels tötet den Embryo." 

Anwohner der Plantagen mit gentechnisch veränderten Sojapflanzen, die über die Zunahme von Krankheiten bis hin zu Krebs und Fehlgeburten klagen, werden jedoch in der Regel von den argentinischen Behörden ignoriert. Die Auswirkungen des Glyphosat-Einsatzes auf die Gesundheit der Menschen und die Umwelt werden in Argentinien von offizieller Seite nicht untersucht.

Am 11.11.2013 berichtete die Deutsche Welle über die Gentechnik-Gegnerin Sofía Gatica, die mit ihrer Familie nur 50 Meter von einem Feld mit genverändertem Soja entfernt lebte, das regelmäßig mithilfe von Flugzeugen aus der Luft mit Glyphosat besprüht wurde. Im Alter von vier Jahren sei der älteste Sohn schwer krank gewurden vorübergehend gelähmt gewesen. Die Ärzte im Krankenhaus seien ratlos gewesen. Sie hätten keine Ahnung gehabt, was dem Kind fehlte.

Allmählich sei der gesamte Vorort erkrankt und Kinder seien mit Fehlbildungen geboren worden: Babys mit sechs Fingern, ohne Kieferknochen, mit einem fehlenden Schädelknochen, mit Nierenmissbildungen oder ohne After und viele ihrer Eltern seien an Krebs erkrankt.

1999 sei das vierte Kind der Familie Gatica, ein Mädchen, drei Tage nach der Geburt an Nierenversagen gestorben. Der Tod ihrer Tochter veranlasste Frau Gatica zum Handeln: Sie wollte herausfinden, was in ihrer Nachbarschaft los war.


Morddrohungen und Prügel für Umweltschützer

Gemeinsam mit anderen Müttern präsentierte Frau Gatica das Ergebnis ihrer Recherchen der Regierung. Die Mütter forderten eine sofortige Untersuchung. Drei Jahre später stimmte die Regierung zu. Die Untersuchung ergab, dass die Wasservorräte der Region verseucht waren und im Blut von 80 Prozent der Kinder aus dem dem Stadtteil fanden sich Pflanzenschutzmittel.

Aufgrund ihrer anhaltenden Proteste gegen gentechnisch veränderte Pflanzen und die dazugehörigen Pestizide erhielt Frau Gatica Morddrohungen, die sich auch gehen ihre Familie richteten: Am Telefon drohten unbekannte Anrufer damit, dass aus drei Kindern schnell zwei werden könnten. In einem Artikel der taz vom 25.11.2013 ist zu lesen, dass Frau Gatica von zwei jungen Männern geschlagen wurde. Es gebe zwar keine Bestätigung ihrer Darstellung, aber in Südamerika komme es immer wieder zu Angriffen auf Umweltaktivisten.

Die industrielle Landwirtschaft im Verbund mit der Gentechnik setzen unsere Erde einem radikalen Wandel aus. Die Regierungen stehen unter dem übermäßigen Einfluss des amerikanischen Megakonzerns, der dabei eine zentrale Rolle spielt und der auf dem besten Weg ist, die Kontrolle über die globale Lebensmittelversorgung zu übernehmen.

In einer E-Mail an den Verteiler schreibt das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ, die Drohungen und die Prügel, unter denen  Frau Sofía und ihre Mitstreiter zu leiden hätten, seien der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Frau Kirchner (Argentinien, Präsidentin) stehe derzeit in der Kritik und könne es sich deshalb nicht leisten, die Profite von Monsanto vor die Interessen ihrer eigenen Bürger zu stellen. AVAAZ wendet sich daher mit einer Petition an Frau Kirchner, sowie an die lokale Politik und ihre Behörden. Die Petition lautet (Zitat):
An die Präsidentin Cristina Kirchner, den Bürgermeister von Malvinas und die Behörden in Córdoba:

Als besorgte Bürger aus aller Welt fordern wir Sie auf, Monsantos Pläne für den Bau eines riesigen Gensaat-Labors in Córdoba umgehend zu stoppen und sich mit der Ortsgemeinschaft zu beraten. Die Fabrik und die Pestizide, die dort zum Einsatz kommen, könnten ernste Gesundheitsrisiken für die örtliche Bevölkerung bergen und untergraben das Recht der Bürger, zu entscheiden welche Lebensmittel in ihrem Ort hergestellt und verzehrt werden. Die Regierung muss sicherstellen, dass Entscheidungen zur Gentechnik in Argentinien dem Willen der Bürger entsprechen.

Auch die Europäische Union war wiederholt das Ziel agressiver Versuche Monsantos, seine Produkte in Europa zuzulassen. Da der Konzern weltweit agiert, kann man ihm auch nur weltweit wirkungsvoll begegnen. Sollte das Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA Realität werden, dann wäre auch Monsanto in Europa nicht mehr aufzuhalten.


Mehr erfahren:


Zum Weiterlesen:
juwi's welt


(Quellen: taz vom 25.11.2013, Deutsche Welle vom 11.11.2013 und vom 27.05.2013, Deutschlandfunk vom 28.03.2013, AVAAZ, Wikipedia - Monsanto und Mit Gift und Genen, YouTube)

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