Dienstag, 17. Januar 2012

Der Untergang des "Atlantis"

Lehe Fiktiv: Hier lag angeblich einst die Hauptstadt von Atlantis
Unzählige Generationen von Forschern haben sich schon ihr ganzes Leben lang mit der Suche nach dem Ort des Untergangs des sagenhaften Atlantis beschäftigt. Manch einer von ihnen meint ganz genau zu wissen, wo es in grauer Vorzeit einmal gelegen hat.

Ja, es gibt sogar Hobby-Archäologen, die glauben, sie könnten anhand haarsträubender Indizienketten belegen, dass die Hauptstadt des untergegangenen Atlantis einmal im Süden des Bremerhavener Stadtteils Lehe gelegen hat.

Einen wirklichen Beweis für die Existenz und den Untergang von Atlantis hat die Wissenschaft bisher jedoch nicht vorzuweisen. Dabei ist die Annahme der zuvor erwähnten Hobby-Archäologen, eine der vielen Spuren könne nach Bremerhaven führen, möglicherweise nicht einmal von der Hand zu weisen. Sie haben es jedoch leider versäumt, sich bei den Einwohnern der Stadt Bremerhaven danach zu erkundigen.


Das Haus in der Hafenstraße 144 ( September 2008)
Es gibt nämlich noch Zeitzeugen, die ganz genau wissen, wo das "Atlantis" einmal zu finden gewesen war: Es lag mitten in Bremerhaven in einem Anbau hinter dem Haus in der Hafenstraße 144. Links auf dem Foto aus dem Jahre 2008 ist der Eingang zum nachträglich angebauten Treppenaufgang zu sehen, durch den das Bremerhavener Kino Publikum noch bis vor wenigen Jahren in das real existierende "Atlantis" gelangen konnte.


Hier lag das Tor zu einer anderen Welt:
Auf dem Foto ist über dem Eingang noch die Befestigung für die Tafel zu sehen, auf der einmal die Informationen zum gerade laufenden Kinoprogramm zu sehen waren.


Die Treppe hinauf ...
Eine Treppe führte in das erste Stockwerk des Hauses. Auf dem Treppenabsatz wurden die Kinobesucher schon einmal darauf hingewiesen, was sie "demnächst in diesem Kino" erwarten würde.


... gelangte man ...
Auf der alten Stelltafel ist noch Jim Carrey zu sehen, wie er gerade im Begriff zu sein scheint, vom Treppenabsatz aus die rechts weiter nach oben führenden Stufen in das innere des Gebäudes hinaufzueilen.


... direkt ins "Atlantis"
Am Ende der Treppe waren in einem Vorraum die Kasse und ein kleiner Kiosk. Am Tresen des Kiosk konnten sich die Besucher mit Popkorn oder sonstigen Snacks versorgen, bevor sie ihren Platz im Saal des kleinen Kinos aufsuchten, der in der ersten Etage eines weiteren Anbaus untergebracht war.


Der Untergang des "Atlantis" hat begonnen (Dezember 2011)
Als die bisher gezeigten Fotos entstanden, war das "Atlantis" bereits dem Untergang geweiht. Filme gibt es dort schon lange nicht mehr zu sehen, und jetzt müssen das Haus in der Hafenstraße 144 und seine Anbauten den Plänen zur Aufwertung des Leher Stadtparks weichen. Dieses und die folgenden Fotos habe ich im Dezember 2011 aufgenommen. Der nachträglich angebaute Treppenaufgang und die dahinterliegende Treppe des (Not)ausgangs sind bereits abgerissen worden.


Von der Treppe existiert nur noch das letzte Stück im inneren des Anbaus
Hier ist am Ende des ersten Teils des ehemaligen Treppenaufgangs die weiter in den ersten Anbau nach oben führende Treppe zu sehen. Nach Beginn der Abrissarbeiten sind über dem ehemaligen Eingangsbereich die Bögen von zwei ehemaligen Fenstern des Hauses Hafenstraße 144 wieder zum Vorschein gekommen, die viele Jahre lang hinter dem angebauten Treppenaufgang verschwunden waren.


Der Blick in das innere des ehemaligen Kinosaals ...
Mit dem Abriss des Erkers wurde noch einmal ein Blick in das Innere des ehemaligen Kinosaals möglich. Nach der Entfernung der Ethernitplatten von den Fassaden lässt sich erahnen, dass hier vor vor Jahren einmal die Schmuckfassade eines alten Gebäudekomplexes aus der Gründerzeit "kaputtrenoviert" worden ist.


... fällt auf eine Trümmerwüste.
Vom einstigen Glanz des kleinen, gemütlichen Kinosaals ist nichts mehr übrig geblieben. Dort, wo einmal die Sesselreihen standen türmt sich auf diesem Foto der Schutt. Hinten links im Halbdunkel des ehemaligen Kinos ist noch die etwas schräg verlaufende Wand zu sehen, an der einmal die Kinoleinwand angebracht war.


In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war unter der Adresse Hafenstraße 144 das Hotel "Norddeutscher Hof" zu finden. Im Saal des Hotels war eine Zwischendecke eingezogen worden. In den so enstandenen Räumlichkeiten in der ersten Etage nahm dann am 18. April 1954 als 12. Bremerhavener Kino nach dem Endes des Zweiten Weltkriegs das neue "Atlantis"-Kino seinen Betrieb auf.

Später brachte der Verein "Kommunales Kino" (Koki) dort ausgefallene Filme abseits des Mainstreams auf die Leinwand des "Atlantis". Als das Koki "im Dezember 2000" mit dem Film "American Psycho" seine Aktivitäten im "Atlantis" beenden musste, weil die Kinobetreiber den Standort nicht länger halten wollten, schien es, als wäre damit das Ende des kleinen Kinos in der Hafenstraße gekommen.

Als aber einige Jahre darauf das "Aladin" in der Rickmersstraße und die "Passage"-Kinos im Columbus-Center schlossen, weil der neue Besitzer der Kinos drastisch erhöhte Mieten forderte, so dass sich der Betrieb für die Kinobetreiber nicht mehr rentierte, kehrte für eine kurze Zeit noch einmal wieder Leben in das "Atlantis" zurück. Nachdem im Jahre 2007 das neue "Havenhaus" im Stadtteil Mitte fertiggestellt worden war, eröffnete dort das Kinocenter "Cinemotion" und die Leinwand des "Atlantis" blieb wieder dunkel.

Ein letztes Mal erwachte das "Atlantis" im September 2008 noch einmal für zwei Tage aus seinem Dornröschenschlaf. Im Rahmen der Veranstaltung "Kultur statt Leerstand" zeigte die Fotogruppe "Fischaugen" auf der Leinwand des Kinosaals ihre Diashow mit Impressionen aus dem Bremerhavener Stadtteil Lehe.


Wenn das "Atlantis" nach dem Ende der Abrissarbeiten endgültig untergegangen sein wird, dann bleiben nur noch die Erinnerungen an viele schöne Stunden, in denen der graue Alltag für einige kurze Momente hinter der fiktiven Welt der Geschichten zurücktrat, die auf der Leinwand des "Atlantis" erzählt wurden. Zumindest vielen der etwas älteren Bremerhavener Kinofans wird es sicher etwas "wehmütig ums Herz" werden, wenn sie sich an die alten Kinozeiten erinnern, als es neben dem "Atlantis" in Lehe noch das "Capitol", das "Aladin" und das "City" (ursprünglich "Central-Theater"), sowie das "Apollo", das "Rex" und das "Bali" im Stadtteil Geestemünde gab.


(Quellen: Kino Wiki, Wikipedia, Nordsee-Zeitung vom 22.11.2011)

2 Kommentare:

bigi hat gesagt…

Ein Trauerspiel - kleine charmante Kinos fallen diesen riesigen Klötzen zum Opfer...
Mit ein Grund, warum ich eigentlich nur noch gezwungener Maßen ins Kino gehe, max. 2mal im Jahr.
In Bonn zofft man sich seit einem Jahrzehnt um das Metropol, so hieß das Kino seinerzeit. Heute beherbergt es zwar immer noch das KinoCafé - dafür aber immer wechselnde EinEuroLäden in den Gemäuern. Wirklich ein Trauerspiel.
Liebe Grüße bigi

http://www.schwiebert.lima-city.de hat gesagt…

Hallo Juwi, das ist aml ein toller mit Fotos unterlegter Bericht. Grade ich als Neubürger habe so viele Informationen bekommen. Gerne hätte ich noch mehr über dieses dem Tode geweihte Gebäude erfahren, über die Gründung und auch über das Hotel Garni. Ich habe zwar recherchiert, aber ich habe nur die Zimmerpreise erfahren. Schau doch mal hier vorbei:

http://www.schwiebert.lima-city.de/hotel-kino-abriss/

Liebe Grüße Hermann

Kommentar veröffentlichen



Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.

Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.


Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.

Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!

Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.